Ich hatte das große Glück, Oberst von Ziegner, Reiner Klimke, Egon von Neindorff und Gert Schwabl von Gordon bei der Arbeit mit den Pferden zu erleben. Was ich sah, waren stets vollkommen losgelassene Pferde. Solange das Pferd nicht losgelassen war, wurde niemals mit der eigentlichen Arbeit begonnen.
Zu jeder Zeit waren das Wohlbefinden des Pferdes und die Verbindung zum Pferd oberstes Gebot. Die Technik, die Lektionen waren zweitrangig. Egon von Neindorff lehrte, eine Einheit herzustellen, was nur möglich sei, wenn der Reiter sich immer und immer wieder neu auf sein Pferd einließe. Er legte Wert auf die Unterstützung des Pferdes durch den Menschen, anstatt das Pferd dem Reiter anzupassen.
Stets wurde der Fehler beim Reiter gesucht, wie sollte er auch beim Pferd liegen? Beim Pferd, welches immer gefallen möchte, immer für den Moment sein Bestes gibt. Egon von Neindorff pflegte zu sagen: „führt das Pferd das Gewollte nicht aus, so suche den Fehler bei dir, findest du ihn nicht, so suche genauer“.
Stets wurde der Fehler beim Reiter gesucht, wie sollte er auch beim Pferd liegen? Beim Pferd, welches immer gefallen möchte, immer für den Moment sein Bestes gibt. Egon von Neindorff pflegte zu sagen: „führt das Pferd das Gewollte nicht aus, so suche den Fehler bei dir, findest du ihn nicht, so suche genauer“.
Besonders bei Reiner Klimke konnte ich beobachten, dass sein Sitz nie statisch war. Eine ständig wechselnde Position verhalf dem Pferd zur Balance und sein Sitz richtete sich auf das Pferd ein. Allen alten Reitmeistern, die ich erleben durfte, war eines gemeinsam: Sie arbeiteten stets in einer wundervollen inneren Stille und man sah die Liebe zum Pferd in ihrer Art zu reiten.
Wichtig ist, zunächst zu verstehen, dass sich das Pferd selbst formt. Die Form, mit der ein sich selbst tragendes, schwungvolles, sich in wundervoller Haltung präsentierendes Pferd gemeint ist, entsteht durch eine wohldurchdachte Gymnastizierung und durch die hierdurch entstehende Muskulatur.
Was bedeuten nun Aussagen wie „du musst dein Pferd rund reiten“, „stell dein Pferd mal durch“, „nimm die Zügel kürzer, damit das Pferd nicht auf der Vorhand läuft“ und ähnliche?
Diese implizieren, dass ich das Pferd allein über die Hand forme. Verfahren wir auf diese Weise, so erzwingen wir eine absolute Aufrichtung, im Gegensatz zur relativen Aufrichtung, welche durch das Absenken der Hinterhand bei entsprechender Hankenbeugung erreicht wird. Reite ich in absoluter Aufrichtung, erscheint das Pferd im Hals rund und dennoch ist das Pferd auf der Vorhand. Das Pferd macht sich fest, die Gänge werden gebunden und steif, Schwung und Losgelassenheit gehen verloren. Die klassische Reitkunst hingegen lehrt einen Weg, in dem das Pferd sich selbst ausdrücken darf. Die Gänge werden ausdrucksstark, das Erscheinen leicht und edel. Wie kann ich meinem Pferd nun helfen, seinen eigenen Ausdruck zu finden? In erster Linie, indem ich es nicht störe, indem ich weniger statt mehr tue, indem ich klare Bilder von dem habe, was ich erreichen möchte und nicht zuletzt durch meine eigene Balance. Ich als Reiter muss dazu in der Lage sein, in vollkommener Balance und gleichzeitig positiver Spannung zu sitzen. Ich muss die Bewegungsabläufe zulassen und gegebenenfalls unterstützen können. Als Reiter muss ich in der Lage sein, mich selbst zu versammeln oder raumgreifende Tritte durch meinen Körper fließen zu lassen. Meine innere Haltung muss stets auf Ruhe und Positives ausgerichtet sein. Ich muss mich und mein Pferd fühlen, leise und unsichtbar mit meinem Pferd kommunizieren und eine seelische Verbindung herstellen.
Unsere so hochsensiblen Pferde sind Künstler der Wahrnehmung, wenn es um unsere Emotionen geht. Ich sage immer, Pferde sind der Spiegel unserer Seele. Sie nehmen wahr, wer wir sind und das in jedem einzelnen Moment. Sie sind dazu in der Lage, verborgene Muster und Gefühle sichtbar zu machen und geben uns so die Möglichkeit, diese aufzulösen und loszulassen. In all den 25 Jahren in denen ich viele Pferde und Besitzer erleben durfte, ergaben sich diese magischen Momente, in denen Altes losgelassen wurde und innere Freiheit und Authentizität entstand. Nur über diese Freiheit und Authentizität entsteht wie aus dem Nichts eine tiefe Verbindung zu uns selbst, zum Leben und zu unseren Tieren. Mit Pferden gemeinsam auf diese Reise der Entwicklung zu gehen, ist für mich jeden Tag ein Geschenk.
Welche Pferde bezeichnen wir als schwierig?
Da sind zunächst die sehr sensiblen, aber starken Pferde, welche sofort zeigen, dass sie mit keinerlei Druck umgehen werden. Wenn sie den Reiter nicht verstehen, drücken sie es durch Blockieren (steigen), bocken oder rennen aus und gelten dadurch schnell als gefährlich.
Weiterhin gibt es jene, die sich nach innen zurückziehen, wenn sie Druck oder für sie unverständliche Kommunikation erfahren. Halten die für sie schwierigen Situationen über einen langen Zeitraum an, sind sie für uns irgendwann nicht mehr erreichbar. Oft gelten diese Pferde als brav, dabei haben sie aufgehört sich auszudrücken und verlieren zum Beispiel ihre Lebendigkeit.
Sie haben schlichtweg keine Wahl, als ein Schutzmuster zu entwickeln.
Nun, warum sind gerade diese Pferde in meinen Augen so wundervoll?
Sie sind wundervoll, weil sie unsere besten Lehrer sind. Alle herkömmlichen Wege, sich mit dem Pferd zu verbinden werden nicht funktionieren, was uns zwingt, zu hinterfragen und nach neuen, individuellen Wegen zu suchen. Sie zwingen uns nach innen zu gehen, und in unsere Gefühlswelt und Empathie einzutauchen. In diesem Moment stehen wir gleichzeitig vor unseren eigenen Gefühlen und sind aufgerufen, diese anzusehen. Denn nur wenn wir unsere eigenen Gefühle wahrnehmen und reflektieren, sind wir in der Lage, das Pferd in seiner Tiefe zu fühlen und eine Verbindung einzugehen.
Über diese Verbindung ist der Weg frei und Lösungen werden wie von selbst entstehen. Schlussendlich kann Heilung für Pferd und Mensch in einer wundervollen Weise entstehen.
Beim Verladetraining sollte es nicht um das eigentliche Trainieren gehen. Vielmehr sollte ein Gefühl entstehen, als verbringe man Freizeit mit dem Pferd auf dem Hänger. Warum ist das wichtig? Weil es die innere Einstellung und die Herangehensweise komplett verändert. Priorität ist es, Vertrauen aufzubauen und zu vertiefen, nicht aber das Pferd dazu zu überreden oder gar zu zwingen, auf den Hänger zu gehen. Versetze du dich einmal selbst in die Lage des Pferdes. Du hast Platzangst und sollst einen Raum betreten, der kaum mehr Platz bietet als den, welcher dein eigener Körper selbst benötigt. Wie würdest du dich in diesem Raum wohlfühlen?
Mache ich einen für das Pferd unverständlichen Schritt oder gehe zu schnell vor, verliert das Pferd das Vertrauen zu mir. Essenziell ist es, in jedem Moment zu erfühlen, ob das Pferd für den nächsten Schritt bereit ist. Wann ist mein Pferd noch in der Entspannung? Unser Pferd vertraut uns, solange wir in der Kommunikation bleiben und wahrnehmen, wann es sich bedrängt fühlt. Ein eklatanter Fehler ist zum Beispiel, die Stange schnell zu schließen, sobald das Pferd weit genug im Hänger steht, aber emotional noch nicht bereit ist. Nur wenn ich jeden Schritt im Einklang mit dem inneren Zustand des Pferdes vollziehe, wird das Verladen eine konstante Vertrauenssache und immer und überall möglich sein.
Die Aussage, dass die Pferde in der Dehnungshaltung auf der Vorhand gehen, wird recht oft formuliert und als negativ bewertet. Grundsätzlich läuft unser Pferd in der Anfangsphase der Ausbildung mehr auf der Vorhand als auf der Hinterhand, dies ist naturgegeben so. Zweck der reellen Ausbildung ist, das Gewicht im Zuge der altersentsprechenden Gymnastizierung immer weiter auf die Hinterhand zu verlagern. Die Ausbildung eines Pferdes bis in die höchste Klasse dauert je nach Interieur und Körperbau/Rasse 6-8 Jahre. Vergleichbar mit einem Hochleistungssportler muss die entsprechende Muskulatur gebildet und die natürliche Schiefe korrigiert werden. Aus einer starken Hinterhand mit entsprechender Hankenbeugung entsteht die relative Aufrichtung. Nehme ich durch verkürzte Zügel den Hals mechanisch in eine aufgerichtete Postion (absolute Aufrichtung), geht das Pferd dennoch auf der Vorhand, drückt den Rücken weg und schiebt die Hinterhand nach hinten heraus. Auf lange Zeit so geritten, entstehen Trageerschöpfung bis hin zu Schäden an Wirbelsäule (z.B. Kissing Spines) und an den Gelenken/Sehen. Auch ein Pferd, welches ohne tätige Bauchmuskulatur und aktive Hinterhand den Hals einfach nur senkt, geht ohne den Rücken aufzuwölben. Wird die Remonte hingegen in einem guten Spannungsbogen (Nase in etwa auf Höhe des Busgelenkes je nach Rasse und Körperbau) vorwärts-abwärts geritten bei gleichzeitig aktiv vorschwingender Hinterhand, ist zum einen die Remonte überhaupt in der Lage den Reiter zu tragen. Weiterhin ist dies die Basis, die Hinterhand immer weiter heranzuschließen bis schlussendlich die reelle Versammlung erreicht wird. Um ein Pferd in die Versammlung zu bringen, gibt es keine Abkürzung. Das Pferd wird sich bei richtiger Gymnastizierung, durch das Bilden der benötigten Muskulatur und Balance, von selbst versammeln. Die Piaffe stellt dabei die maximal mögliche Versammlung und Balance dar. Findet diese leichtfüßig, taktvoll und mit gesenkter Hinterhand statt, so kann ich sie am hingegeben Zügel reiten, wodurch das Pferd die aufgerichtete Form eigenständig erhalten kann. Ein korrekt ausgebildetes Pferd sollte alle Lektionen am Halfter geritten zeigen können.
Ein Pferd trägt sich selbst, wenn es losgelassen und ausbalanciert geht. Der Impuls aus der energisch abfußenden Hinterhand sollte dabei über die Gesamtvorwärtsbewegung geleitet werden. In der Versammlung wird dieser Impuls der Hinterhand in ein Aufwärtsübertragen. Das Pferd wirkt kürzer und dennoch fleißig, die Bewegungen werden erhabener, kadenzierter.
Den Hals trägt das Pferd gemäß Ausbildungsstand zunächst vorwärts-abwärts, bis das Pferd sich durch fortschreitende Gymnastizierung in relativer Aufrichtung in Relation zur Hinterhand befindet. Im Gegensatz dazu steht die absolute Aufrichtung, welche durch die Hand erzeugt wird.
Woran erkenne ich nun, dass mein Pferd sich selbst trägt?
Das wohl wichtigste Merkmal ist, dass ich weder Gewicht in der Hand habe, noch eine hinter die Senkrechte oder gar zum Aufrollen kommende Stirn-Nasen-Linie. Ein Pferd, welches ohne schlechte Erfahrungen mit der Reiterhand am langen Zügel oder in leichter Verbindung, in der lediglich das Gewicht des Zügels in der Hand liegt, geritten wird, kommt niemals von sich aus hinter die Senkrechte, solange die Hinterhand aktiv ist. Das Problem liegt hierbei im fehlenden Energiefluss von der aktiven Hinterhand über den schwingenden Rücken bis zur Reiterhand, welche die Energie aufnimmt. Bei einem hinter der Senkrechten gehenden Pferd ist der Fehler stets beim Reiter zu suchen. Habe ich Gewicht in der Hand, so ist dies ein Zeichen dafür, dass die Hinterhand nicht aktiv genug ist bzw. die Schwingung nicht durch den Körper läuft.
In beiden Fällen gilt es, zur Basis zurückzukehren, dh. Losgelassenheit und Takt herzustellen. Ist dies gegeben, entsteht die Anlehnung, von selbst und das Pferd sucht die weich empfangende Hand. Ein Pferd, welches sich selbst trägt, fühlt sich leichtfüßig, fließend an und nimmt den Reiter in der Bewegung mit. Gert Schwab von Gordon formulierte einst, es vermittele das Gefühl, „bis ans Ende der Welt reiten zu können“.